HAITI-NOT-HILFE E.V.

2015

Die Bauten wachsen

Janine und Heinz sind allein zu Besuch in Jacmel bei der FMCS (Foundation Make Children Smile) der Haiti-Not-Hilfe des Arztes Dr. Diehl und seiner Frau. (Dieter hält eine Darminfektion heute im Hotel fest, Heinz ist morgen an der Reihe und Janine übermorgen)

Janine berichtet darüber unter „Aktuelles“ – besser als wir. Sie war lange mit den Kindern zusammen und konnte – auch dank ihres guten Französisch – viel Kontakt zu ihnen bekommen!

Im Hof zwischen den Gebäuden wird Ball gespielt, die Oberschüler kommen gerade vom Unterricht und Marat, der Leiter des Hauses, der uns am Hotel abgeholt hat, wird von allen zur Begrüssung geküsst, wir nur von den Wagemutigeren. Die anderen geben uns die Hand, dann wird von allen das Lied zum Empfang gesungen, wir werden durch die Gebäude geführt. Ein „Welcome Gottberg-Allers“ hängt im Treppenhaus.

Toll, was die Diehls mit der Hilfe von Marat, seiner Frau Martine und Vanes, dem neuen, sympathischen Assistenten, hier in den vergangenen zwei Jahren geschaffen haben. Natürlich ist noch immer nicht alles fertig, und das Kochen auf einer „Gulaschkanone“ in der Küche, der noch die ganze Einrichtung fehlt, ist kein Kinderspiel.

Aber es steht das Haus für die Jungen und das für die Mädchen. Für beide hatten wir vor zwei Jahren wenig mehr als die Baugruben gesehen. Die ersten Zimmer sind bezogen, in jedem Haus gibt es drei Toiletten und drei Duschen, in den Obergeschossen sind die Räume noch nicht fertig. Die Klassenzimmer im Schulhaus sind nun verputzt, eine Toilette gibt es jetzt auch hier.

Wie heiter der Ton in der ganzen Anlage ist! Wie respektvoll die Kinder auch miteinander umgehen, vermittelt sich ganz stark. Mit unseren vier Patenkindern wollten und konnten wir – besonders Janine – gut in Ruhe reden. Ihr Zugang, den sie sofort zu den Jungen und Mädchen findet, ist eine grosse Hilfe, besonders, weil Dieter nicht dabei ist und Heinz das Französische sehr fehlt. Bemerkenswert, wie selbstverständlich sich die anderen zurück hielten, als klar war, dass wir mit „unseren“ vier ein wenig allein reden wollten.

Die vier, für die wir nach einem Vorschlag der Diehls die Patenschaften übernommen haben, sind – wie könnte es anders sein – sehr unterschiedlich.

Oceline, gerade 12 Jahre alt, ist die jüngste, scheu, taut aber mit der Nichte auf, scheint uns hell und wissbegierig, liebt, das vertraute sie aber nur Janine an, Musik und Tanz.
Der wirklich noch kleine Clinton, obwohl schon 13, sicher durch seine Kindheit etwas verhalten, aber doch sehr aufgeweckt – und von sonnig strahlendem Gemüt.
Jean Michel, mit 18 der älteste, sehr lieb, seinen Zeichnungen nach auch künstlerisch veranlagt, aber lange Zeit so gehemmt, dass auch Janine Geduld und viel gutes Zureden brauchte, um ihn dazu zu bringen, von sich zu sprechen.
Die Überraschung war dann Judenson, gute 14 Jahre alt. In allen Einrichtungen, die wir kennen, ist uns noch kein anderer Junge begegnet, der dermassen überzeugend in seiner Haltung, seiner Reife unter den Umständen, seiner Wissbegier und seinem Willen für die Zukunft war.
Ein Cellphone hat erst er sich, dann haben sich alle eines gewünscht. Wir sind mit Marat verblieben, dass die beiden grossen Jungen eines von uns bekommen.

Janine-mit-Judenson

Bild: Janine mit Judenson

Drei-Kinder

Bild: Drei Kinder

2013

Jacmel

In Jacmel besuchen wir die Schule der „Haiti-Not-Hilfe“ des Arzt-Ehepaares Dr. Diehl. Ihre FMCS – Fondation Make Children Smile – besitzt seit Kurzem etwas ausserhalb der Stadt ein schönes 4000 qm grosses Grundstück mit alten Schatten spendenden Palmen und Brotfruchtbäumen. Auch bei FMCS stand am Anfang ein Heim für Strassenkinder, nun ist die Schule dazu gekommen. Der Leiter Marat Mettelus und seine Frau Martine holen uns ab und zeigen uns das neue Schulgebäude, einen zweigeschossigen noch unverputzten Rohbau ohne Türen und Sanitärinstallation aber mit intaktem Wellblechdach.

Als wir kommen, läuft der Unterricht. Der directeur führt uns von Klasse zu Klasse. Schon auf der Fahrt hatte Marat auf unsere Frage, woher die Kinder ihres Heimes kämen, ähnlich wie Madame Leconte erklärt, teilweise würden Verwandte, die Nonnen der benachbarten Orden oder andere sie bitten ein Kind aufzunehmen. Das sei schwierig. Zur Zeit sind 32 Kinder von 3–17 Jahren in ihrem Haus, das noch ausserhalb des neuen Geländes angemietet ist. Die im Moment so gross erscheinende Schule mit den kleinen Klassen von nur 6–10 Kindern wird bald auch Zulauf von Externen – aus der Nachbarschaft – bekommen.

In den unverputzten Klassenzimmern sitzen die Kleinen auf braunen Schulbänken, und wenn ihr Lachen uns nicht anblinkte und ihre hellen Handflächen uns nicht zuwinkten, würde man sie mit ihren grauen Schulhemden kaum sehen. Die jungen LehrerInnen unterrichten, schreiben und zeichnen mit Kreide auf die noch provisorisch an die Wand gelehnte Tafel.

Später zeigt uns Marat wo FMCS weiter hinten auf dem Grundstück das noch unfertige Wohnhaus für die Jungen und gegenüber das für die Mädchen baut. Auf der grossen Freifläche soll ein Sport- und ein Basketballplatz entstehen. Das nächste, meint er, als zwei Kinder verschämt um die Ecke der neuen Schule gehen, seien ganz vordringlich die Toiletten. Die jungen LehrerInnen verdienten US$ 145 im Monat und eigentlich gäbe es genügend ausgebildete Bewerber. Man bräuchte nicht ausländische Praktikanten als Lehrkräfte, die vielleicht einem Haitianer den Arbeitsplatz nähmen. Jedoch für die anschliessende Berufsausbildung, die sie demnächst aufbauen wollen, wären Praktikanten aus dem Handwerk, Schreiner, Elektriker, Mechaniker oder Schlosser sehr willkommen. Marat sagt klar „Wir brauchen Euch“ – er meint Deutschland – „und Euer Geld dafür.“

Er ist ein sympathischer, zupackender Mann, ehemals Leistungsportler, dann lange arbeitslos. Nun hat er hier für seine Familie bei FMCS durch die persönliche Freundschaft zu den Gründern – Dr. Diehl hatte die Herzkrankheit eines ihrer Kinder in Deutschland kuriert – eine verantwortliche Position gefunden, die er offensichtlich engagiert ausfüllt. Stolz zeigt er uns zum Abschluss sein Büro, den einzigen abgeschlossenen Raum, auch noch im Rohbau, und schenkt uns als Erinnerung an den Besuch ein graues Polohemd der Schule. (Die Grösse passt vielleicht gerade noch dem kleinen Simon). Wir bedanken uns bei ihm für die Führung und geben ihm unseren Umschlag mit einem Obulus der PHAIDROS Stiftung. Marat umarmt uns, dann bringt uns der „Schulbus“, ein klappriger Van, ins Hotel zurück.

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